(2.3.1)  Pohlitzer Kirche

Evangelisch-lutherische Pfarrkirche Greiz-Pohlitz


Inhalt:
* Die Pohlitzer Kirche
* Die Kirche von außen
* Das Innere der Kirche
* Schmückende Details 
* Das Umfeld der Kirche
* Pohlitz und der Byzantinismus

Die Pohlitzer Kirche steht auf einer der zahlreichen Anhöhen, die die Stadt Greiz umgeben, auf dem Pohlitzberg. Sie gehört zum Stadtteil Greiz-Pohlitz und ist zu finden in der Pohlitzer Straße 137. Wegen seines exponierten Standortes ist das Gotteshaus von den gegenüber liegenden Anhöhen, etwa vom Tempelwald oder vom Hainberg aus gut zu sehen.


Vom Nordhang des Irchwitzberges aus gesehen: auf dem Bergrücken
die Pohlitzer Kirche, im Vordergrund im Tal die Aubachtaler Kirche.


Vom Hainberg aus gesehen: Pohlitz mit dem Kirchturm

Die Kirche steht mitten auf dem dazugehörenden Gottesacker. Sie wurde 1893 bis 1894 von Architekt Oscar Mothes, einem Gottfried-Semper-Schüler, erreichtet. Baustilistisch sehen wir eine Verbindung von Neoromanik und Neobyzantinismus. Der dominierende Kirchturm lässt auf den ersten Blick leicht übersehen, dass die Kirche kein Langhaus hat. Der Gottesdienstraum ist ein zentraler Kuppelbau.

Folgende am Bau beteiligte Firmen konnten namhaft gemacht werden:
* Maurerarbeiten: Maurermeister H.P. Hoffmann, und  Maurermeister Wilhelm Jesumann, Greiz
* Steinmetzarbeiten: Wutzler und Beuthner, Greiz
* Zimmerarbeiten: Otto Eduard Hoffmann, Greiz
* Malereien, einschl. Deckenfresco der Apsis: Scheer und Treuner, Greiz
* Holzfiguren des Altars sowie Reliefs der Kanzel: Franz Xaver Rietzler, München  (Klein)

Schön, wie damals ortsansässige Baufirmen in das große Bauvorhaben einbezogen wurden.
Schauen wir uns das Gotteshaus zunächst von außen an.


Die entlaubten Bäume geben den Blick frei. Wir sehen zwischen
dem Turm und dem östlichen Querhaus die Kuppel des Zentralbaues.


Giebel des östlichen Querhauses


Das Maßwerk des großen Querhausfensters befremdet
durch seine Schmucklosigkeit. Es wirkt wie nachträglich eingesetzt.


Portal im östlichen Querhaus


Wir sehen den Sockel aus Schieferblöcken, die Granitstufen, den Oberbau aus Backstein,
die Einfassung der Tür und den Kämpfer, der das Oberlicht abtrennt, aus Sandstein gefertigt
und schön geschmiedete Beschläge und Bänder auf dem Holz der Tür.


Sakristeitür


Ausschnitt der Sakristeitür mit kunstgeschmiedetem Türband


Außenansicht der Sakristei, zwischen östlichem Querhaus und nördlichem Chor. Auch
hier ist an den Fenstern das merkwürdig glatte, neuzeitlich wirkende Maßwerk zu sehen.


Kirche von Nordosten, links Turm und östliches Querhaus, in der Mitte oben
 die Kuppel des Zentralbaues, darunter die Sakristei, rechts Chor und Apsis.


Chor mit Apsis, rechts im Bild Taufkapelle


Kirche von Nordwesten, zu erkennen sind Apsis und Chor, Taufkapelle,
darüber die Kuppel, rechts das westliche Querhaus und der Turm.


Kirche von Westen, links die Friedhofskapelle


Hauptportal unter dem Turm


Türbeschlag am Hauptportal


Türband am Hauptportal


Unterer Teil des Turmes


Oberer Teil des Turmes


Oberer Teil des lang gestreckten Turmhelmes mit dem filigranen Bekrönungskreuz


Lünette des Hauptportals


Freitreppe mit Geländer vor dem Hauptportal


Säulengruppe am Hauptportal


Turm von Südwesten


Turmbasis von Südosten


Nebenpforte am Turmschaft


Fassadendetail am Turm


Verdachte Serliana am Turmschaft

Das Innere der Kirche

Blick durch den Zentralbau zum Altar:


Blick vom Altar aus zur Orgel mit dem gewaltigen Kronleuchter unter der Kuppel:


Querhaus:


Orgelempore:

 


Die Kuppel von innen. Das Oberlicht musste verschlossen werden, um es abzudichten.

Fenster:
Die bleiverglasten Fenster sind durchweg relativ schlicht gestaltet.
Das steht in Gegensatz zu der ansonsten reichen Ausschmückung des Gotteshauses.


Fenster in der Taufkapelle


Lünette über dem Hauptportal von Innen

Altarraum:


Kanzel und Zugangstreppe


Kanzel


Kanzelbild David und Jesaja

Kanzelbild Johannes der Täufer und Paulus


Kanzeltreppe


Kanzeldach, Detail


Kanzeldach


Lektorenpult

Altar:


Altartisch ohne Decke


Evangelisten an der Apsiswand:


Deckenfresko in der Apsis

Innentüren:

Eingang zur Taufkapelle:


Hauptportal:


Schnitzwerk und Zimmermannsarbeiten:


Hölzerner Dienst für die Empore


Deckenverschalung in der Taufkapelle

Schmückende Details

Ornamentale Malereien auf Holzflächen:


Brüstung einer Empore:


Verzierung am Orgelprospekt:

 

 

 

 


Wandverkleidung:


Steinmetzarbeiten:


Kapitell


Säulen im Kuppelbau


Kapitell unter einer Empore


Doppelkapitell

Säule vor der Apsis:


Seitenempore


Abstützung des Altartisches


Kapitell vor der Apsis

Fußböden:

Abdeckung des Heizungsschachtes:


Ausstattungsgegenstände:


Notenschränkchen auf der Orgelempore


Sitzfläche eines Stuhles auf der Orgelempore

Harmonium:


Spendenkasten


Wange einer Kirchenbank


Anzeigetafel für die Kirchenliedfolge

Taufbecken:


Verkleidung der Heizung:


Schrank in der Sakristei


Kruzifix


Wandleuchter


Schlossbeschläge eines Schrankes

Wir haben eine Vielzahl von schönen Details aus dem Inneren des Pohlitzer Gotteshauses zeigen können. Nicht alles befindet sich im Bestzustand. Um alles auf Hochglanz polieren zu können fehlen gegenwärtig die materiellen Möglichkeiten. Trotzdem ist auch im aktuellen Zustand die Kirche eine besondere Sehenswürdigkeit der sakralen Kunst der Gründerzeit.

Das Umfeld der Kirche

Die Friedhofskapelle:


Friedhofskapelle von Osten


Seitliche Eingänge der Friedhofskapelle. Bei aller Schlichtheit
gefallen die gemauerten Rundbögen über den Maueröffnungen.


Kapelle von Südwest mit Hauptportal

Gräber:


Grab von Albin Franck, erster Pfarrer der Kirchgemeinde Pohlitz


Grab Albert Geyer, steinerne Grabtafel:


Detail, schmückende Steinmetzarbeit


Grabeinfassung Grabstätte Geyer

Gründerzeitlicher Obelisk als Grabstein auf der Grabstätte Carl August Braun

 

Der Obelisk ist stilistisch überwiegend gründerzeitlich geprägt.
Das betrifft die gesamte Gestalt des Obelisken und die Schriftgestaltung.
Man beachte die prächtigen Initialen und auch die Verzierung.

 

Und trotzdem finden wir ein Ornamentband aus Eichenblättern,
das stilistisch über den Historismus hinausweist.

 

Pfarrhaus:
Das zugehörige Pfarrhaus, das zur gleichen Zeit wie die Kirche entstanden ist, hat ebenfalls einige Schönheiten zu bieten.


Gesamtansicht von Süden


Giebel im Mansardenbereich


Westseite, die zur Kirche gewandt ist


Giebel der Westseite


Sims und Fensterbogen


Fensterbord mit Abstützung


Giebel der Südseite in Nahaufnahme


An der Straße gelegene Ostfassade


Oberteil des Blendfensters


Treppenaufgang im Pfarrhaus

Wir beenden damit unseren Rundgang im Gebäudeensemble der Pohlitzer Kirche. Wir fanden ein schönes Beispiel dafür, dass Kirche, Pfarrhaus und Friedhofskapelle, die zur gleichen Zeit Ende des XIX. Jahrhunderts entstanden, ihre originale Schönheit stilrein weitgehend bewahren konnten.
Die Pohlitzer Kirche und ihr Umfeld ist eine hervorragende Sehenswürdigkeit der Stadt Greiz.
Wir hoffen, dass wir einen kleinen Beitrag dazu leisten konnten, das Gotteshaus ein wenig bekannter zu machen.
Wir danken Herrn Pfarrer Bergmann und seiner verehrten Ehefrau für ihre Aufgeschlossenheit sowie freundliche Unterstützung.

Pohlitz und der Byzantinismus
Wir hatten am Anfang des Beitrages über die Pohlitzer Kirche gesagt, das Bauwerk sei neoromanisch-neobyzantinistisch geprägt. 


Das Romanische, etwa die durchgehend halbrunden Wölbungen über den Maueröffnungen ist bekannt und kann von jedem Betrachter schnell aufgefunden werden.

Was aber ist das Byzantinische. Byzanz hat in Westeuropa weniger Einfluss erlangt.
Deshalb ist dieser Stil landläufig weniger bekannt.
Welche byzantinischen Stilelemente hat Architekt Oscar Mothes verwendet?


Konstruktion des Hauptkörpers des Gebäudes als Zentralbau mit Kuppel


Polygonale Begrenzung der Rotunde …


und der Innenkuppel


Hufeisenbogen, der ideale halbkreisförmige Bogen geht über die Halbkreislinie hinaus
und setzt an, sich zum Vollkreis zu schließen. Dadurch verdickt sich die Bogenbasis.
Die Hufeisenbögen haben auch in der orientalisch-muslimischen Baukunst bis hin
nach Andalusien Verbreitung gefunden.


Die Innenlinie des Rundbogens wird durch aufgesetzte regelmäßige Nasen aufgelockert.
Auch diese Manier ist in der orientalisch-muslimischen Architektur viel verwendet und
weiter entwickelt worden. In Pohlitz ist der Effekt nicht in Stein gearbeitet, sondern wird
durch Holzverkleidungen erreicht.


Verwendung besonders schlanker, monolithischer Säulen,
die einen kräftigen Mauerbogen tragen.


Kapitelle, die in der oberen Hälfte einen quadratischen Querschnitt haben, sich aber
in Richtung Säule zusammenziehen und mit kreisförmiger Fläche auf die Säule stoßen.


Fresco in der Apsiswölbung

Wir haben also schon eine beachtliche Zahl von byzantinischen Stilzitaten gefunden,
und die geben dem Gebäude auch ein besonderes Gepräge.

Schlussbetrachtung:
Wir haben in Gestalt der Pohlitzer Kirche ein großartiges Sakralbauwerk aus der Gründerzeit kennen gelernt. Zu Unrecht steht es etwas am Rande des Interesses. Nur selten verirren sich Greizer und Besucher der Stadt hierher. Das hat aber auch sein Gutes gehabt. Viele Schönheiten blieben unverfälscht erhalten.
Der Reiz der Pohlitzer Kirche ergibt sich aus mehreren Bedingungen, die auf glücklicher Weise zusammentreffen:
* exponierter Standort auf einer beachtlichen Anhöhe über der Stadt Greiz
* geschlossenes Ensemble mit Kirche, Pfarrhaus, Friedhofskapelle und Friedhof – alles zur gleichen Zeit, im gleichen Stil entstanden
* originelle gründerzeitliche Architektur mit der seltenen Kombination von romanischen und byzantinischen Stilelementen
* die ursprüngliche innere Ausschmückung und Ausstattung sind weitgehend erhalten
* das Gotteshaus und alles, was es im Inneren birgt, stellt ein einzigartiges, stilreines Ensemble gründerzeitlichen Kulturgutes dar.
Es wird eine Zeit kommen, in der viele Besucher aus Nah und Fern diese Kostbarkeit des Pohlitzberges sehen wollen. Wir wünschen der Pohlitzer Kirche eine kräftige Investition, um alle Schönheiten zu erhalten und zu pflegen. Behutsame Restaurierung sollte es sein, keine Modernisierung. Das wird dafür sorgen, dass die Anziehungskraft der Pohlitzer Kirche stetig steigen wird.

Quelle:
Klein, Sven: Faltblatt

Stand 2013